Welche Nachteile hat eine einvernehmliche Scheidung?

Welche Nachteile hat eine einvernehmliche Scheidung?

Bei der einvernehmlichen Scheidung ist nur ein Ehepartner anwaltlich vertreten - diese Konstellation spart Kosten, Zeit und Nerven, sie birgt jedoch nicht nur Vorteile und ist daher nicht für jedes Ehepaar der richtige Weg.

Die einvernehmliche Scheidung ist in Deutschland der Regelfall. Die meisten Paare entscheiden sich heute dafür, ihre Ehe im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden – weil das Verfahren in der Regel schneller, kostengünstiger und emotional deutlich entlastender ist als ein streitiger Verlauf. Die Vorteile liegen auf der Hand. Dennoch sollte man sich bewusst machen, dass dieser Weg nicht für jedes Paar der richtige ist – vor allem, wenn man sich über wichtige Aspekte nicht einigen kann oder sich unsicher ist, ob die eigenen Interessen  ausreichend Berücksichtigung finden.

Ein mögliches Szenario: Bei einer einvernehmlichen Scheidung reicht ein Anwalt – aber dieser vertritt nur eine Seite. Der andere Ehepartner ist formal nicht juristisch vertreten, selbst wenn zwischen den Ehepartnern alles gemeinsam besprochen und geplant wird. Das kann schlimmstenfalls dazu führen, dass entscheidende Punkte – etwa im Rahmen der Aufteilung von Vermögen, zu Unterhaltsfragen oder zur Rentenregelung – unausgewogen geregelt werden. Das Gericht prüft in solchen Fällen lediglich ob formale Mindestanforderungen eingehalten wurden, nicht aber die Fairness oder Vollständigkeit individueller Vereinbarungen.

Beispiel aus der Praxis: Zwei Ehepartner entscheiden sich nach zwölf Jahren Ehe für eine einvernehmliche Scheidung. Von einer Seite wird eine Anwaltskanzlei beauftragt. Beide Ehepartner einigen sich mündlich auf eine Ausgleichszahlung und verzichten auf eine schriftliche Vereinbarung. Einige Monate nach der Scheidung stellt sich heraus, dass bestimmte Vermögenswerte nicht berücksichtigt wurden, sodass die mündlich vereinbarte Zahlung deutlich unter dem liegt, was im Zugewinnausgleich möglich gewesen wäre. Eine nachträgliche Korrektur ist nicht mehr möglich.

Solch ein Verlauf lässt sich vermeiden: Wer sich einvernehmlich scheiden lässt, sollte wichtige Absprachen schriftlich festhalten, idealerweise in einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Zudem ist es empfehlenswert, dass die nicht anwaltlich vertretene Person sich vom Partner sämtliche relevanten Unterlagen und die schriftliche Kommunikation mit dem Anwalt vorlegen lässt. So entsteht mehr Transparenz über den Ablauf und die vorgeschlagenen Regelungen – was Missverständnisse oder unausgewogene Entscheidungen verhindern kann.

Einschaltung eines eigenen Anwalts immer möglich: Sollte im Vorfeld des Scheidungstermins bei dem nicht anwaltlich vertretenen Ehepartner der Eindruck entstehen, dass die eigenen Interessen nicht ausreichend berücksichtigt werden oder vorgeschlagene Regelungen unklar bleiben, spricht vieles dafür, sich doch noch einen eigenen Anwalt oder eine Anwältin an die Seite zu holen. Hierfür ist es auch dan nicht zu spät, wenn sie sich zunächst für eine einvernehmliche Scheidung entschieden hatten. Denn im Ergebnis kommt es darauf an, dass beide Ehepartner hinter den getroffenen Regeln stehen und diese als fair empfinden.

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